Es ist schon irre, was man heutzutage zwischen 28 und 38 Jahren alles leisten soll: Berufseinstieg schaffen, Partner oder Partnerin finden. Kinder bekommen. Job und Familie vereinbaren, und zwar so, dass sich niemand zu kurz gekommen fühlt. Die Karrierechancen nicht verpassen, solange man noch den Bonus der jungen Nachwuchskraft in der Firma hat. Es wird mehr und mehr an Anforderungen hineingepackt in diesen Abschnitt zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. Dabei leben wir viel länger.
Zu wenig Zeit für die Kinder zu haben, das bedauert die Mehrheit der Väter und ein gutes Drittel der Mütter, zeigt sich im neuen Familienbericht. Der Bericht fordert erwartungsgemäß eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch flexible Arbeitszeiten und erweiterte Öffnungszeiten der Kitas. Das ist richtig, aber es erweckt den Eindruck, als wäre alles nur eine Frage der Organisation. Das ist ein Irrtum. Die Familienzeit läuft ab, die Zeit mit dem Nachwuchs ist unwiederbringlich vorbei, wenn die Kinder groß sind. Und man kann definitiv nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein, obwohl es immer so klingt, wenn von den Individuen verlangt wird, Familie, Partnerschaft, Erwerbsarbeit zu „vereinbaren“.
Anstatt die Anforderungen in einer Dekade des Lebens aufeinanderzustapeln, sollte man sie zeitlich entzerren können. Bei einer Lebenserwartung von 80 Jahren macht eine „Kinderphase“ von 15 Jahren nicht mal ein Fünftel der Lebenszeit aus. Diese Phase kann man auch genießen. Und danach wieder mit Ehrgeiz einsteigen in den Job. Die Forderung der SPD, dass Eltern nach langer familienbedingter Teilzeitphase eine Rechtsanspruch auf Vollzeit bekommen, ist daher richtig. „Karriere ab 40“ wäre ein politisches Schlagwort mit Perspektive. Erst recht in einer Gesellschaft der Langlebigen.