Barbara Dribbusch

Journalistin & Autorin

Später

In der Bauchpresse für Daimler | TAZ 3.6.2013

Macht es Sinn für die Mittfünfzigerin, mal wieder ins Fitness-Studio zu gehen ? Ich tu` mal so als ob.

Sport für die Mittfünfzigerin! Muss ja
angeblich sein, wegen Rückenschmerzen, Gewicht & guter Laune. Neulich war
ich bei „Jopp“ in Kreuzberg. Gerätetefitness. Wie in alten Zeiten. Aber das ist
auch schon das Problem. Denn die alten Zeiten, genauer gesagt die jungen Zeiten,
liegen eine Weile zurück.

Mir fällt es sofort auf, als ich bei „Jopp“ im Cardioraum durch die
Laufbänder steuere, nachdem ich eine Tageskarte gelöst habe: Eigentlich fühle
ich mich ein bisschen zu alt für den Kram. Gerätefitness. Abnehmen.
Body-Shaping. Um mich herum fast nur jüngere Frauen, einige haben knappe
T-Shirts an, bauchfrei. Ich gehöre klar zur Nicht-mehr-bauchfrei-Altersgruppe.

Nur eine Endfünfzigerin trabt über ein Laufband. Sie wirft mir einen
verschwörerischen Blick zu. Ich grinse zurück. Neuerdings finde ich es immer
toll, wenn ich entspannten älteren Frauen begegne. Am besten, sie haben graue
Haare und sehen so aus, als planten sie gerade eine Fernreise.

Das ist schon anders als vor 25 Jahren, als ich bei „Tropical
Fitness“ in Berlin-Charlottenburg den Oberkörper auf der Bauchbank hoch und
runter klappte und noch dran glaubte, dass man mit Sit-ups, Hantelstemmen und
Adduktorendrücker den eigenen Körper modellieren könne wie eine Bildhauerin.

In der Umkleidekabine diskutierten die Frühdreißigerinnen damals über
Diätprodukte und Männer, was ich auch heute noch für eine ungeklärte Verbindung
halte, denn führt der Mann zum Diätprodukt oder umgekehrt? Tja.

„Die Bauchpresse“, sagt die Trainerin, „das ist ein hochwirksames
Gerät.“ Ich sitze in der Bauchpresse und habe die Hände in die Schlaufen an den
Bügeln gesteckt. Man muss sich vorbeugen und zieht damit über eine Art
Flaschenzug ein Gewicht hinten hoch, so als trage man eine schwere Last auf dem
Buckel. Dann lehnt man sich wieder zurück, dann wieder nach vorne und so weiter.
Ein bisschen fremd fühle ich mich schon.

Eine Tibeterin hat mal geschrieben, sie verstehe nicht die
Begeisterung der Westler für den Sport. Wenn man so viel Energie übrig hätte,
könnte man doch ins Nachbardorf gehen und den Menschen dort bei der Ernte
helfen. Die Frau müsste sich mal die Gerätehalle hier anschauen. Hier wird hart
gearbeitet. An schrägen und geraden Bauchmuskeln, Adduktoren, Latissimus,
Trizeps. Grafiken an den Geräten zeigen, welche Muskeln genau dran sind. Eine
Fertigungsstraße bei Daimler könnte nicht präziser sein. Nur dass am Ende kein
Auto dabei herauskommt. Was auch wieder ein bisschen deprimierend ist.

Meine Freundin Tine sagt, in ein Fitnessstudio würden sie keine zehn
Pferde mehr kriegen. Lieber kurvt sie mit dem Fahrrad zweimal ums Tempelhofer
Feld und macht dann zu Hause ein paar Übungen mit dem Theraband. Aber ich gehe
eigentlich gerne unter Menschen. Ich werde mal den Pool bei „Jopp“ ausprobieren.
Im Badeanzug hopse ich runter und öffne die Tür. Ein unglaublicher Mief schlägt
mir entgehen. Ein Dutzend Frauen steht im kleinen Becken und wedelt mit den
Armen. Aquafitness. Das schaffe ich nicht.

Bei „Jopp“ gibt es jetzt ein Sommerspecial, 18 Monate zum
Niedrigpreis, wenn man auf einmal bezahlt. Ich könnte es machen wie meine
Bekannten F. und K. Die buchen immer so was Billiges. Ersatzhandlung. Und dann
mal sehen.