Barbara Dribbusch

Journalistin & Autorin

Später

Am besten mit großer Wildwanne | TAZ 11.2.2013

Sollten Frauen gegen die Altersdepression einen Geländewagen kaufen? Hoch einsteigen ist jedenfalls immer gut

Kürzlich kam wieder so eine Buchneuerscheinung: Die neue Lust mit 70! Wie wir Frauen auch noch mit 70 die Leidenschaft und Liebe erleben. Das Foto zeigte eine Autorin, die mindestens zweimal geliftet war. Dieses Geschnippel und Gezerre an der Haut, letztlich auch an den Männern.

Es muss doch noch andere Wege geben, sich romantisch und abenteuerlich zu fühlen. „Ist einfach ein tolles Auto“, sagt Tine, „mit dem kommst du durch den tiefsten Matsch. Und springt auch in Eiseskälte zuverlässig an.“

Wir sitzen auf verrosteten Gartenstühlen vor Tines Bauwagen. Tine hat im Unterschied zu Freundin Theresa und mir eine echte Ausrede, mit einem Lada 4X4 durch die Gegend zu knattern. Schließlich hat sie für ihre nebenberuflich betriebene Kleinpferdepension Weiden gepachtet, für deren Anfahrt 500 Meter unbefestigte Wegstrecke zu bewältigen sind. Nach Regen sei der Weg so aufgeweicht wie aufgetauter Permafrostboden, behauptet Tine.

Zudem war Tines Lada eher billig, 4.000 Euro gebraucht. „Mit Gewehrhalter und Hundetrittschutz“, hat Tine mal stolz erzählt. Der Vorbesitzer, ein Jäger, wollte Tine noch die „große Wildwanne“ für erlegte Beute mitgeben. Tines Tiere sind allerdings höchst lebendig, Stute Smilka wird manchmal im Pferdehänger durch die Gegend gefahren. Wofür man dann auch dringend einen Lada zum Ziehen braucht.

Irgendwie beneide ich Tine. Rauchende Frauen in Geländewagen, die die Seitenfenster noch von Hand herunterkurbeln, das hat was. Vielleicht stimmt es, dass Frauen im Alter das „männliche Element“ mehr selbst erzeugen, während die real existierenden Männer im Alter etwas verweiblichen, was übrigens nicht negativ gemeint ist. Die Theorie hat mir mal eine Freundin dargelegt.

„Also Allrad brauche ich nicht“, sage ich, „mir würde vielleicht schon ein Stepway reichen.“ Seitdem mein Sohn beim Auszug den Fiat mitgenommen hat, denke ich über eine Neuanschaffung nach.

Der Stepway von Dacia aus Rumänien ist billig, hat ein bisschen „Offroad-Design“ und „Bodenfreiheit“, was bedeutet, dass man damit gut über unbefestigte Waldwege …

„Wann brauchst du schon mal einen Offroader“, lästert Theresa, „wann fahren wir denn schon mal wirklich durchs Gelände?“ „Im Sommer auf dem Campingplatz im Harz“, sage ich, „da bin ich mit dem Fiat ganz schön dicht über den Grasboden gerumpelt. Ein Stepway liegt höher.“ „Höher sind die Pseudo-Offroader nur, damit ihre alten Besitzer leichter einsteigen können“, höhnt Theresa, „leg dir doch gleich einen ,Hummer‘ zu.“ Ein Nachbar in unserer Reihenhaussiedlung hat so einen 60.000-Euro-Panzer mit „Adventure-Ausstattung“. Wenn er in den engen Straßen um die Ecke biegt, denkt man, da kommt das Technische Hilfswerk, um einen Wasserschaden zu beheben.

„Kauf dir besser einen gebrauchten Golf oder so was“, sagt Tine, „den könnte ich mir nämlich dann ausleihen für meine langen Autobahnfahrten. Dann könntest du für diese Zeit leihweise den Lada haben.“

Für die Autobahn sei der Lada nichts, hat Tine mal zugegeben. Bei 120 km/h vibriere der Rückspiegel so stark, dass die Autoschlange hinten darin nur noch schemenhaft zu erkennen sei.

„Geländeauto-Sharing für Frauen“, meint Theresa milde, „das wäre doch eine Geschäftsidee.“ Schon.